An der Stralauer Allee in Friedrichshain entstehen 161 Luxus-Wohnungen – direkt an einem Kiez mit Alt- und Plattenbauten.

Von Julia Backes, Alina-Doreen Gröning und Julien Wilkens
Auf der einen Straßenseite das kiezige Berlin mit seinen Altbauten, Eckkneipen und Spätis. Auf der anderen Seite die moderne Medienhauptstadt mit Fernseh- und Musikstudios, Hotels und Modezentren. Jetzt wird die letzte Lücke vor der Elsenbrücke bebaut – mit 161 Luxus-Eigentumswohnungen.
Seit Anfang Januar entsteht an der Stralauer Allee in Friedrichshain das „Wave Waterside Living“. Laut Webseite wird hier direkt an der Spree „ein Haus wie eine Superyacht“ hochgezogen. Die Preise sind entsprechend. „In den günstigsten Wohnungen beginnt der Quadratmeterpreis bei 4230 Euro“, so Wave-Sprecherin Ellen Blümm zur B.Z.
Laut „Wohnmarktreport Berlin 2017“ zahlten Käufer für den Quadratmeter in Friedrichshain-Kreuzberg im Schnitt rund 3900 Euro. Hochgerechnet aufs Penthouse (300 m²) wären das knapp 1,2 Millionen. Online wird eins mit sechs Zimmern für knapp 4,5 Millionen Euro angeboten, also 3,3 Millionen mehr. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung (55 m²) für 399.000 Euro.

Auf der einen Welt die Millionen, auf der anderen Menschen wie Sylvia Bach (41), die in dem Kiez aufgewachsen ist und dort seit 16 Jahren einen Friseur-Salon betreibt. Sie sagt: „Ich hab Angst um meine Miete. Das ist doch eigentlich ein Arbeiterviertel.“
Andere freut die Veränderung. Anwohnerin Karin Wagner (76) zur B.Z.: „Endlich passiert hier mal was. Ich gehe viel am Spreeufer spazieren. Es war der letzte Schandfleck, hier lag nur Müll herum. Es werten den Kiez auf.“ Seit letztem Herbst sind die Luxus-Wohnungen auf dem Markt. Schon jetzt sind 30 Prozent verkauft.
„Wir begrüßen jede Art von Wohnungsbau, denn: Wenn ein Mieter den Sprung ins Eigentum schafft, wird seine Mietwohnung frei“, sagt Jürgen Michael Schick (46), Präsident des Immobilien Verbands Berlin-Brandenburg.
Jedes Jahr wächst Berlin um die Größe einer Kleinstadt. Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. Deshalb stößt der Luxus-Bau auch in der Politik auf Kritik.

Zwischen den Projekten der Mediaspree und den umgebenden Kiezen in Friedrichshain, Mitte und Kreuzberg gebe es von Beginn an einen großen Kontrast, sagt Stadtentwicklungs-Senatorin Katrin Lompscher (54, Linke).
Die Senatorin: „Bei privaten Vorhaben mit langem zeitlichen Vorlauf bestehen leider keine Interventionsmöglichkeiten mehr. Bei den kommenden Projekten wünsche ich mir eine soziale Mischung.“
Ende 2018 sollen die beiden wellenförmigen Gebäude mit sieben Etagen und 13.100 Quadratmeter Wohnfläche fertig sein. Momentan buddeln die Bagger an der Tiefgarage.
„Projekte wie dieses machen anschaulich, dass Berlin und insbesondere Friedrichshain-Kreuzberg zu Opfern internationaler Verwertungslogiken werden“, so der zuständige Baustadtradt Florian Schmidt (Grüne).

► Lichtenberg: Das Lichtenhain mit 209 Eigentumswohnungen soll bis Ende 2018 entstehen. Drei Zimmer, 87 Quadratmeter, kosten z.B. 380.000 Euro (ca. 4350 Euro/m²). Durchschnitts-Kaufpreis im Bezirk: 2868 Euro/m².
► Spandau: Am Ufer der Havel wächst in der Hugo-Cassirer-Straße ein Hochhaus 50 Meter in die Höhe. Preis fürs Penthouse: ab 4700 Euro/m², fertig Ende 2018. Durchschnitts-Preis im Bezirk: 1939 Euro/m².
► Schöneberg: In der Geisbergstraße entstehen schicke Eigentumswohnungen, zum Beispiel drei Zimmer mit 88 Quadratmetern für 545.000 Euro (ca. 6200 Euro/m²). Durchschnitts-Kaufpreis im Bezirk: 3119 Euro/m².
► Alt-Treptow: Großprojekt Bouchégärten mit 276 Wohnungen, ab ca. 3400 Euro/m². Durchschnitts-Kaufpreis im Bezirk: 2650 Euro/m².

► Biesdorf: Mit den Biesdorfer Gärten entstehen 328 Eigentumswohnungen für ca. 3050 Euro/m². Durchschnitts-Kaufpreis im Bezirk: 1917 Euro/m².

Biesdorfer Gärten – biesdorfer gärten