Der Mörtel zu flüssig, die Fugen zu schmal, die Wände krumm: Beim Mauern kann viel schiefgehen. Aber alle Probleme sind vergessen, wenn am Ende die Libelle an der richtigen Stelle schwebt.

In einem beliebten Kinderlied heißt es: “Wer will fleißige Handwerker seh’n / der muss zu uns Kindern geh’n. / Stein auf Stein, Stein auf Stein / das Häuschen wird bald fertig sein.”
Das entscheidende Wort in dieser Strophe lautet “bald”. Ich habe viel über seine Bedeutung nachgedacht, während ich die Sockel für mein Regentonnen-Podest gemauert habe. Das nahm so viel Zeit in Anspruch, dass ich den Satz “Die Sockel werden bald fertig sein” nicht hätte unterschreiben geschweige denn singen können.
Ich hatte vorher einmal in meinem Leben gemauert, zwei Torpfosten, ein Projekt von mehreren Wochen. Immerhin, bislang halten sie und stehen gerade, das gab mir Hoffnung. Es gab mir aber auch eine Vorstellung davon, was beim Mauern alles schieflaufen kann, insbesondere für einen Amateur.

Neulingen in der Hobby-Maurer-Szene kann ich nur raten: Nehmen Sie sich Zeit. Und viele Wasserwaagen, von denen kann man gar nicht genug haben. Betrachten Sie ihr Werk, sooft Sie können, aus jedem denkbaren Blickwinkel. Nur so fallen Fehler auf. Und die Zeit, sie zu korrigieren, ist begrenzt. Spätestens nach einem Tag hilft nur noch der Abbruch, also lieber fünfmal nachprüfen. Auch so bleiben noch genug Probleme: Ist der Mörtel zu flüssig oder zu fest? Sind die Fugen zu breit oder zu schmal? Liegen die Steine auf einer Linie?
Langsam, alles andere als elegant
Wenn ich Maurer bei der Arbeit beobachte, staune ich immer. Ihr Mörtel ist weich genug, um ihn leicht verteilen zu können. Und gleichzeitig fest genug, um nicht wie eine dicke Erbsensuppe auf den Boden zu tropfen. Bei ihnen sieht alles so elegant aus: Sie schaffen es, immer genau die richtige Menge Mörtel auf die Kelle zu nehmen und ihn perfekt zu verteilen. Dann schieben sie den Stein so in den Mörtel hinein, dass die Stoßfuge zum zuvor gesetzten Stein wunderbar gefüllt ist.

Ich habe das ein paar Mal probiert. Die Stoßfuge war nach dem Schieben nie gefüllt. Dafür lag der andere Stein nicht mehr richtig. Deshalb bin ich dazu übergangen, Mörtel für die Lagerfugen zu verteilen, die Steine hineinzulegen und anschließend die Stoßfugen auszufüllen. Langsam, mühselig und alles andere als elegant.
Im Nachhinein habe ich bei Wikipedia gelesen, dass ich im mittleren Läuferverband gemauert habe – die Steine liegen pro Reihe jeweils um eine halbe Steinlänge versetzt. Den mittleren Läuferverband habe ich nicht bewusst ausgewählt. Dieses Prinzip habe ich vor 30 Jahren schon mit meinen Legosteinen benutzt, da muss etwas im Gedächtnis haften geblieben sein.
Und jede andere Steinanordnung hätte mich überfordert. Ich wollte zum Beispiel verhindern, Steine sägen oder in passende Stücke schlagen zu müssen. Das hätte nämlich garantiert nicht geklappt. Und dem mittleren Läuferverband sei Dank brauchte ich pro Schicht exakt sieben ganze Steine.

126 Ziegel später stehen neben meinem Schuppen nun drei gemauerte Sockel. Ich finde das Ergebnis okay (obwohl die fachkundigeren unter den Lesern das sicherlich anders sehen werden). Letztlich zählt für mich nur eines: Die Sockel sind tatsächlich gleich hoch!
Das hat mir mein Lieblingstier, die Wasserwaagen-Libelle, verraten. Ihr Schweben zwischen den beiden Markierungslinien bedeutet nicht nur, dass ich keinen gravierenden Fehler gemacht habe. Sondern auch, dass sich – ich wage kaum, es zu schreiben – das Projekt Regentonnenpodest dem Ende zuneigt. Balken drüber, Bretter drauf, Tonnen abstellen, fertig!
Was bei den Olympischen Spielen in Rio passierte, ist mir offen gestanden ziemlich egal gewesen. Aber diese Podestplätze bedeuten mir etwas.

Was haben Sie schon gemauert? Und wie ist es Ihnen dabei ergangen? Schreiben Sie mir (gerne mit Fotos der Projekte) an benjamin.schulz@spiegel.de
Mit der Einsendung versichern Sie uns, dass Sie der Urheber des Materials sind und einer honorarfreien Veröffentlichung zustimmen.

Garten Mauer – garten mauer